Andreas Vollenweider, erzählen Sie uns von...
Zentrale Fragen zu Geschichte, Idee, Motivation etc.
Index
1. wie sind Sie zur Musik gekommen
2. der Einfluss der Familientradition des Geschichtenerzählens
3. Ausbildung
4. Einflüsse
5. Ausbrechen und finden der eigenen musikalischen Identität
6. über die spezielle Wirkung dieser Musik in den Phasen einer Krise
7. über das Instrument, die Harfe
8. über seine Freunde
9. weshalb AV während über zehn Jahren keine Tourneen gemacht hat
10. über seine Freundschaft mit Carly Simon
11. über ihre Zusammenarbeit
12. über MIDNIGHT CLEAR, das neue Album
13. über seine Beziehung zu Religion und Spiritualität
14. hat der Frieden eine Chance, ist der Mensch friedensfähig?
15. über die DVD „The Magical Journeys“, 25 Jahre Andreas Vollenweider & Friends
1. Wie sind Sie zur Musik gekommen?
Ich hatte das grosse Privileg, in einer künstlerisch sehr aktiven Familie aufzuwachsen. Musik hatten einen grossen Stellenwert bei uns und ich realisierte sehr früh schon, dass sie sich nicht auf ihren Unterhaltungswert reduzieren lassen kann und sollte, dass sie nicht nur „akustische Dekoration“ ist, sondern das Potenzial hat für eine hochdifferenzierte Sprache.
…Was hat zu dieser Einsicht geführt?
Mein Vater war ein extremer Fall eines Menschen, welcher fast ausschliesslich und mit jeder Faser in der Welt der Musik lebte. Das war zwar einerseits für die Musik sehr schön, aber für uns Menschen um ihn herum war das manchmal schon sehr schwierig. Ich hatte mir oft so sehr gewünscht, dass mich mein Vater einfach einmal auf eine Fahrrad Tour mitnehmen würde, oder einmal Fischen gehen würde, einfach auch um von meiner Welt Notiz zu nehmen. Aber es war ihm einfach nicht möglich.
Und doch war ich sehr fasziniert von dem grossen Mann mit seinen wilden Haaren, dem alle so ehrfurchtvoll begegneten. Bald schon fand ich auch einen eigenen Weg, mit ihm zu kommunizieren; ganz einfach, ich musizierte mit ihm, improvisierend, manchmal mehrere Stunden nur wir beide. Ich denke, dass wir uns in diesen Momenten näher kamen, als das ohne Musik wohl jemals möglich gewesen wäre.
Die Art der Zwiegespräche waren dann auch sehr oft ganz wie im richtigen Leben. Als ich noch sehr klein war, hat mich mein Vater im Zusammenspiel meist vorgehen lassen und hat sein Spiel ganz meinen Fähigkeiten angepasst. Später dann, als die Musik schon einen wichtigen Teil meines Lebens einnahm, hat er mich immer mehr herausgefordert und während der Pubertät hatten wir gelegentlich auch die für Vater und Sohn typischen Auseinandersetzungen, immer nur durch die Musik.
…Welches Instrument spielten Sie zu dieser Zeit?
Ich spielte schon damals verschiedene Instrumente, auf der Suche nach dem „Richtigen“. Piano, Gitarre und Flöten waren damals meine Favoriten. Mein Vater war Organist am Grossmünster in Zürich, auf einer der grössten Orgeln der Welt. Es war immer ein Highlight, wenn wir in diese imposante Kathedrale gingen und, während er sehr sanft dieses riesige, majestätische Instrument bearbeitete, spielte ich meist auf verschiedenen Blasinstrumenten.
Im Jahre 1990 entstand dann auch ein gemeinsames Album mit Improvisationen, „Traumgarten“, für welches mein Grossvater, welcher Maler war, das Bild für den Umschlag beisteuerte.
Für lange Zeit waren diese Momente eine Art musikalische Heimat für mich.
2. Wie wichtig war Ihnen die Familientradition des Geschichtenerzählens?
Neben Musik und Malerei waren viele Leute in unserer Familie seit Generation grosse Geschichtenerzähler. Schon sehr früh habe ich es immer geliebt, die Musik zu verbinden mit einer versteckten Geschichte. Ich entdeckte, dass dadurch die Musik selbst auch sehr viel visueller und erzählerischer wurde. Dies war wohl der entscheidende Einfluss, welcher sicherlich prägend wurde für die Art meines Musikmachens.
3. Besuchten Sie das Konservatorium?
Nein, für diesen Weg war ich schon früh viel zu wild und unabhängig. Die frühen Siebziger Jahre waren für uns alle so voll von verschiedensten unorthodoxen Methoden des Lernens, sodass wir den normalen Bildungsweg eher als ein Hindernis im Lernprozess betrachteten. Es war die Erfahrung aus erster Hand, die wir suchten. Sicher waren einige davon eher fragwürdig, aber sie waren immer sehr intensiv und sehr anspruchsvoll und fordernd.
…In welcher Hinsicht fordernd?
Wenn man den Weg des autodidaktischen Lernens gehen will, muss man Einiges mitbringen; zunächst muss man als Voraussetzung ein enormes Quantum an Neugierde freisetzen können, denn es wird einem nichts einfach serviert. Zweitens muss man sich bedingungslos dem grossen und ewigen Prinzip „Leben ist Lernen und Lernen ist Leben“ unterwerfen. Und dann muss man die grosse Kunst des unermüdlichen Fragens meistern, denn wissen wir ja, dass die Qualität einer Antwort ganz direkt von der Qualität der Frage abhängig ist. Das kann zeitweise recht hart sein. Aber ich habe es niemals bereut, es war jede Investition wert. Anstatt im Klassenzimmer Dinge serviert zu bekommen, die schon vorher von Generationen gegessen worden waren, verbrachte ich meine Zeit in den Hexenküchen vieler Meister und Erfinder und ich sah wie sie ihre grossartigen Menüs zubereiteten, gehaltvoll und berührend. Und ich sah die Zutaten, nur vom Besten...
…Und was waren das für Zutaten?
Ganz einfach; sich selbst bedingungslos treu zu sein, die Sprache und Signale seiner Intuition verstehen lernen und niemals Angst zu haben vor dem, was wir allenfalls finden würden, wenn wir die grossen Tore unserer Vorstellungskraft und Fantasie öffnen. Ich muss zugeben, dass mir das auch nicht immer gleich gut gelingt... (lacht)
4. Und wer waren Ihre Meister?
Ich hatte das enorme Privileg, grossartige Meister der verschiedensten künstlerischen Gebiete kennen zu lernen. Einige von ihnen waren mächtige Berühmtheiten und andere lebten und arbeiteten als Einsiedler. Aber alle waren sie grosse Förderer und vor allem waren sie bereit, meinen unstillbaren Wissens- und Erfahrungsdurst zu ertragen.
5. Ihre Musik ist sehr eigenwillig. Wann haben Sie sich entschlossen, auszubrechen und Ihre eigene musikalische Identität zu suchen?
Ich musste eigentlich nie so richtig ausbrechen, da ich mich schon immer sehr frei fühlte. Rückblickend muss ich schon sehr schwer zu zähmen gewesen sein für meine Erzieher... Und so sehr ich es auch genoss, meine musikalischen Wurzeln zu suchen mit meinem Vater, so war die sehr klassisch orientierte Musik meiner Familie doch eher zu eng für mich und ich begab mich schon sehr früh auf meine Abenteuerreisen in Rock, Blues, Jazz und Folk etc.
Im Laufe einer sehr intensiven Phase im Gebiet der so genannten „Freien Musik“ und Avantgarde, wo sich alle Formen und Strukturen auflösten, nahm ich immer mehr wahr, wie meine eigene musikalische und klangliche „Vision“ in mir wuchs wie ein Baum.
Noch immer suchte ich nach dem perfekten Instrument, dem Klangkörper für diesen musikalischen Traum. Wie das Leben so spielt, war es ein „Zufall“, der mich eines Tages zur Harfe führte. Sie schien für meinen Sound am vielversprechendsten zu sein, was sich dann ja am Ende nach langen Phasen des Experimentierens und Umbauens auch tatsächlich bestätigt hat. Dann begann das Abenteuer mit den Aufnahmen des ersten Albums mit diesem speziellen Sound, „Behind the Gardens – Behind the Wall – Under the Tree“. Dann ging es erst richtig los...
6. Immer wieder wird berichtet, wie Ihre Musik auffallend viele Menschen anzieht, die durch schwierige Phasen ihres Lebens gehen. Was glauben Sie löst diesen Effekt aus?
Dazu gibt es nicht nur eine einzige wahre Erklärung und die interessantesten Aspekte werden wohl immer ein Geheimnis bleiben. Aber ich glaube, dass wenn man selbst unter etwas leidet und irgendwann einmal ein Mittel dagegen gefunden hat, dass dieses Mittel dann auch sehr gut jemandem Anderen mit einem ähnlichen Problem helfen kann.
…Da liegt die Frage nahe; was war denn Ihr Problem?
In meiner Kindheit hatte ich eine sehr tief greifende Angst vor Gewalt in all ihren Formen. Das hat mich natürlich nicht unbedingt sehr kompatibel gemacht mit dem allgemein dominierenden Prinzip Darwins, dem „Überleben des Stärkeren“. Ich empfand Gewalt als beschämend und würdelos und ich hasste die täglichen Auseinandersetzungen auf dem Schulhof, insbesondere mit meinen Geschlechtsgenossen.
Stattdessen sehnte ich mich nach einer Atmosphäre des Friedens und des grundsätzlichen Wohlwollens. Ich erinnere mich, wie ich jeden Tag nach der Schule nach Hause eilte, die Schultasche in die Ecke warf und mich, manchmal für einige Stunden, improvisierend ans Klavier setzte und meine imaginären Welten bereiste.
So wurde die Musik ein Art Schutzraum für mich, ein sicherer Ort, eine Überlebensstrategie, eine Medizin. Man kann das vielleicht als Flucht vor der Realität bezeichnen, aber nach meiner Erfahrung hat dieser Weg mich viel stärker gemacht für die unausweichliche Konfrontation mit der Realität. Er war eine essenzielle Quelle der Inspiration für meinen Prozess des Verstehens dieser Welt und dafür, wie ich selbst darauf in einer angemessenen und wirkungsvollen Art und Weise reagieren konnte. Ich glaube nicht, dass wir sehr viel Gutes bewirken können, wenn wir verängstigt und schwach sind. Wir alle brauchen einen Ort zum Kräfte sammeln, einzig um dann heraus zu gehen und „die Welt zu verändern“. Musik kann so ein Ort des Kraftschöpfens sein.
So jedenfalls wirkt sie für mich und ich könnte mir vorstellen, dass diese Kraft auch bei anderen Menschen in ähnlicher Lebenslage anklingt und entsprechend wirken kann. Aber was immer es auch sein mag, bin ich mir der damit verbundenen Verantwortung sehr bewusst und bin für diese Aufgabe sehr dankbar...
(für mehr zu diesem Thema siehe Artikel „Musik und mehr“)
7. Wie kamen sie dazu, Harfe zu spielen? Welche Rolle spielt für Sie dieses Instrument?
Auf der Suche nach dem perfekten Instrument für mich, wurde ich nebenbei zum Multi-Instrumentalisten. Obwohl ich diese Vielfalt immer sehr genoss, so wusste ich dennoch immer, dass dort draussen noch immer dieses einzigartige Instrument war, welches es für mich zu entdecken galt. Ich war bereits ein aktiver Berufsmusiker, als ich „zufälligerweise“ über diese kleine keltische Harfe stolperte. Doch zunächst war auch sie nicht viel mehr als ein weiteres Instrument in meiner mittlerweilen sehr grossen Sammlung. Erst als ich dann Wege gefunden habe, auf meiner ersten grossen Harfe ausgeprägt rhythmisch und groovend spielen zu können, habe ich realisiert, dass ich wohl am Ende meiner Suche angelangt war.
Ich bin überzeugt, dass wir nicht eher ruhen sollten, als bis wir das für uns perfekte Instrument gefunden haben, weil nur dann es zu einer Erweiterung von uns selbst werden kann, von unserem Körper und - was noch viel wichtiger ist - von unserer Seele.
Für mich als Geschichtenerzähler war die Harfe auch aus anderen Gründen die perfekte Wahl; ich hatte bereits längere Zeit Harfe gespielt, als ich immer mehr über die Hintergründe dieses Instrumentes erfahren habe. So war es doch erstaunlich, dass bereits seit tausenden von Jahren in vielen Kulturen der Erde, vom alten Ägypten bis zu unseren Minnesängern, die Harfe das Instrument der Geschichtenerzähler war. Noch heute ist in gewissen Gebieten Afrikas die Kora, die afrikanische Harfe, das Instrument der Griots, der Troubadoure. Und es wird gesagt, dass diejenigen, die Kora spielen, mit den Geistern in Verbindung sind und von ihnen ihre Geschichten erhalten. Das gefällt mir natürlich...(lacht)
Aber ernsthaft! Was dieses Instrument in diese Musik einbringt, ist entscheidend! Die Harfe hat tatsächlich diese erstaunliche und geheimnisvolle Kraft, eine wohltuende, friedliche und doch anregende Atmosphäre zu verströmen. Deshalb ist für mich die Harfe nicht eigentlich ein Musikinstrument, sondern vielmehr eine Erfahrung.
8. Ihr Projekt ist auch bekannt und dem Namen Andreas Vollenweider & Friends. Wer sind Ihre Freunde?
Ich bin ein ausgesprochener Familienmensch. Familie heisst dauerhafte Beziehung, Familie steht für Loyalität und Freundschaft auf sehr hohen Niveau. Ich denke, dass sich aus dem eine sehr wichtige Zutat für diese Musik ergibt. Unsere Familie von Freunden, Musiker, Techniker und die Leute vom Management, ist über die vielen Jahre sehr gewachsen und hat sehr wirkungsvoll mitgeholfen, die Quelle, den Geist und die Motivation dieser Musik zu beschützen.
Einer dieser Freunde der ersten Stunde ist Walter Keiser. Er hat in all den vielen Formationen als ruhender Pol gewirkt. Als trommelnder Herzschlag hat er dafür gesorgt, dass diese Musik immer mindestens einen Fuss auf der Erde hatte, während der Rest dadurch hemmungslos fliegen konnte.
Vor einigen Jahren sind zwei junge Musiker zu uns gestossen; Daniel Küffer spielt die ganze Saxophon-Familie, Klarinetten und andere Blasinstrumente, Er ist ein Virtuose auf diesen Instrumenten, gleichzeitig bringt er aber auch viele Klangfarben ein als vielseitiger Multiinstrumentalist auf Keyboards, Perkussion, Stimme, Akkordeon...
Andi Pupato ist im weitesten Sinne Perkussionist der Gruppe, dem ein wahres Universum von Klangfarben zur Verfügung steht. Er ergänzt diese Palette auch sehr geschmackvoll mit modernen Technologien wie Loops, Samplers und Sound Effects.
Natürlich gehören aber noch eine grosse Zahl Feunde dazu, die im Laufe der vielen Jahre zwar sehr im Hintergrund wirkten, für das Ganze aber von entscheidender Bedeutung sind und waren.
9. Sie haben vor über dreizehn Jahren das intensive Touren gestoppt. Was war der Grund dafür?
Zunächst gab es da nur einen Grund für diese Pause. Es war der Umstand, dass wir über viele Jahre bereits exzessiv getourt haben und es erschien mir sehr wichtig, der Musik und uns allen eine Atempause zu gönnen, nicht zuletzt auch um jedem zu ermöglichen, über seine Motivation für eine Weiterführung des Projektes zu reflektieren.
Routine und rein materialistische Motivationen hätte der Qualität dieser Musik sehr geschadet. Rückblickend muss ich allerdings sagen, dass ich hier – als Kind der frühen Siebzieger Jahre – wohl etwas sehr streng und kompromisslos war, fast ‚katholischer als der Papst’. Heute würde ich wohl etwas gelassener entscheiden und mehr Vertrauen in mich selbst und in die Musik selbst haben.
…Und was war der zweite Grund?
Ein grossartiger Grund; meine Kinder! Bereits kurz nach dem Anfang der Pause kam unser erster Sohn, gefolgt von seinem Bruder und nur wenige Jahre später auch noch unsere Tochter. Diese Entwicklung hatte unsere Pause natürlich noch viel wichtiger und wirkungsvoller gemacht und so hatte ich das grosse Privileg, für alle drei Kinder wirklich da zu sein in dieser wichtigen Zeit. Es war eine wunderbare Zeit und ich bereue keine Minute davon. Ich glaube sogar, dass auch die Musik letztendlich sehr viel profitiert hat von dieser Erfahrung.
Jetzt sind die Kinder natürlich mehr und mehr damit beschäftigt, ihr eigenes Leben aufzubauen und so scheint die Zeit richtig zu sein, wieder mehr mit der Musik auf Reisen zu gehen. Dafür erhalte ich auch sehr viel Unterstützung von meiner Familie, weniger weil sie mich loswerden wollen (lacht), sondern weil sie natürlich wissen, dass das live Spielen meine grosse Passion ist, welche ich, ehrlich gesagt, manchmal auch sehr vermisst habe.
10. Wie und wann sind Sie zum ersten Mal Carly Simon begegnet?
Es war in den frühen Achziger-Jahren, als ich eines Abends einen Telefonanruf erhielt. Eine wohlvertraute tiefe und warme Stimme sagte ‚Hallo, hier spricht Carly Simon’. Der Anruf kam so überraschend, dass ich fast den Hörer fallen liess. Natürlich kannte ich Carly und ihre Musik schon seit vielen Jahren und war ein stiller Fan von ihr. Als ich das nächste Mal in New York war, besuchte ich sie natürlich. Wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden. Sie war sehr warmherzig, offen und unglaublich hilfsbereit, wild entschlossen, dieser Musik zu helfen, Amerika zu erobern. Sie nahm mich bei der Hand und hat mich durch eine Welt geführt, die sich sehr von der Meinen unterschied. Wir waren ja in Europa schon recht erfolgreich, aber Amerika geht mit Erfolg bekanntlich ganz anders um.
Wir haben zusammen alle grossen TV Talkshows, Frühstücksfernsehen und vieles mehr gemacht, alles Sendungen, zu denen ich ohne Carly’s Hilfe sicherlich niemals eingeladen worden wäre. Sie präsentierte auch unser erstes Konzert in New York im legendären Beacon Theatre und organisierte unermüdlich Cocktail Parties in ihrem prächtigen Appartement am Central Park West. Dazu lud sie alle ihre illustren Freunde ein. Das Ganze war regelrecht atemberaubend und ich bin Carly sehr dankbar für alles, was sie für mich und die Musik getan hat.
11. Wann hat Euere Zusammenarbeit begonnen?
In all diesen Jahren haben wir an verschiedenen Projekten gemeinsam gearbeitet, haben zusammen Musik geschrieben oder haben einfach unsere Freundschaft genossen, zusammen mit unseren Familien. Im Winter 2004 habe ich Carly auf der Insel Martha’s Vineyard besucht, wo wir Lieder geschrieben haben, gemeinsam mit Matthias Teese Gohl, einem sehr talentierten Schweizer Landsmann, welcher ebenfalls ein langjähriger Freund Carly’s ist.
Ich bin mir sicher, dass der Umstand, dass wir durch die harten Winterstürme regelrecht eingeschneit waren, damals sicher zu der intensiven kreativen Atmosphäre beigetragen hat. Jedenfalls entstand in diesen Tagen viel neue Musik, unter ihnen auch „Forgive“, einer der Songs mit Carly auf MIDNIGHT CLEAR.
Im Sommer 2006 kehrt ich auf den Vineyard zurück, um mit dem gleichen Team Musik für MIDNIGHT CLEAR zu schreiben. So entstanden „Suspended Note“, „Midnight Clear“ und „Hymn to the secret heart“, zu welchem Carly’s Mann, der Schriftsteller und Poet Jim Hart den Text geschrieben hat.
12. Erzählen Sie uns mehr von MIDNIGHT CLEAR. Ist es wirklich ein Weihnachtsalbum?
Ok, es ist und es ist nicht! Man kann dieses Album auf jeden Fall auch im Juli hören und ehrlich gesagt hoffe ich, dass dies auch einige Leute tun werden. Vor allem deshalb, weil die Werte, für welche dieses Album steht, ganz klar nicht auf dieses kleine Zeitfenster beschränkt sind.
Der Umstand, dass MIDNIGHT CLEAR genau auf Weihnachten veröffentlicht wird, macht das Album schon gewissermassen zum Weihnachtsalbum (lacht). Auch die Auswahl der Songs könnte darauf hinweisen; sie basieren auf Melodien aus der alten Welt, einige davon fast tausend Jahre alt und auch bekannt aus weihnächtlichen Zusammenhängen. Zu diesem Thema muss ich aber etwas ausführlicher werden.
Obwohl ich unsere Musik zum ersten Mal für traditionelle und „externe“ musikalische Elemente mit teilweise sogar spezifisch spirituellen Inhalten geöffnet habe, so ist doch auch dieses Album, wie alle anderen zuvor, der klaren Botschaft der Liebe, des Friedens, der Hoffnung und des Mitgefühls gewidmet. Seit tausenden von Jahren, in allen Kulturen dieser Erde, war es diese Botschaft, welche die wirkungsvollste Quelle der Kraft und Motivation für uns Menschen war, um Hand anzulegen an diese Welt und unseren Beitrag zu leisten in der Befreiung des positiven menschlichen Potentials. Und wie wir auch heute wieder deutlich realisieren, hat diese Botschaft nichts von ihrer Relevanz verloren.
14. Was ist Ihre Beziehung zur Religion?
Ich war schon immer sehr interessiert an den Religionen dieser Welt, nicht zuletzt da diese ja auch immer einen entscheidenden Einfluss auf den Lauf der Menschheitsgeschichte hatten. Wollen wir also unsere Geschichte verstehen, müssen wir die Rolle der Religionen kennen und verstehen.
MIDNIGHT CLEAR war sicherlich eine sehr grosse Herausforderung für mich. Ich war auch lange Zeit nicht sicher, ob dieses Album überhaupt jemals entstehen wird. Doch als ich begonnen habe zu recherchieren, hat mich dieses Thema immer mehr fasziniert und so wurde alles zu einer Art Prozess einer Neuorientierung meiner eigenen Beziehung zu Religion und Spiritualität.
Religionen haben zu allen Zeiten eine sehr kontroverse Rolle gespielt in der Entwicklung der Zivilisationen. Neben den unbestritten sehr wertvollen Beiträgen zur Bildung, dem Gesundheits- und Sozialwesen waren die Religionen und ihre Institutionen auch verantwortlich für einen unbeschreiblich gewalttätigen und blasphemischen Machtmissbrauch und schamlosestem Verrat an den Inhalten. Das wäre allein schon Grund genug für eine kategorische Ablehnung aller Religionen. Für sehr lange Zeit traf dies auch auf mich zu, selbst wenn – oder gerade weil ich von vielen Aspekten des Inhalts überzeugt war.
…Was hat sich denn für Sie heute geändert?
Ich habe mehr und mehr realisiert, dass es höchste Zeit für uns ist, zu Erkennen, dass wir Menschen ganz grundsätzlich hoch-spirituelle Wesen sind, ob wir das gerne hören oder nicht. Wir werden immer magnetisch angezogen sein vom Unerklärbaren. Wir werden immer unzählige Fragen haben, auf welche unser Verstand keine Antworten bieten kann und der Prozess der Erleuchtung wird immer einem Versuch gleichen, den Horizont zu berühren; je mehr wir glauben, ihm nahe zu kommen, umso mehr schlüpft er uns davon.
Es ist höchste Zeit, uns auf die Inhalte zu konzentrieren, auf die Essenz der Botschaft, die sich in allen Religionen der Welt finden lässt. Es bedarf keiner neuen Doktrin und auf die einzig richtige reine Lehre könnten wir noch lange warten. Es ist höchste Zeit, die Inhalte und Werte, die ganz grundsätzlich zu Liebe und Mitgefühl führen, in unser Leben einzubringen. Ungeachtet ob man Christ ist oder nicht, bietet beispielsweise allein schon die Bergpredigt genügend wertvolle Hinweise und Anregungen, um unsere hochkomplexe Gesellschaft mit ethischen und spirituellen Regeln und Richtlinien zu versorgen.
Lasst uns also nicht noch mehr Zeit vergeuden, Zeit die wir gar nicht erst haben. Die Qualität der Spiritualität lässt sich nur messen an dem wie wir sie leben. Ein hoch entwickelter religiöser Dialog ist absolut unverzichtbar im Krisenmanagement der Welt in unserer Zeit.
Sicher, ich wünschte mir eine Welt, in welcher es keiner Religion bedarf, in welcher wir erkennen würden, wie alles durchflutet ist von einem umfassenden, weitgehend unerklärbaren geistigen Prinzip. Aber unsere Wirklichkeit lässt dies ein Wunsch bleiben. So können wir es uns nicht leisten, diese Themen ersatzlos aus unserem Leben zu streichen.
…Sind wir Menschen überhaupt friedensfähig?
Oh, natürlich sind wir das! Wir hatten einfach einen ganz schlechten Start. Seit tausenden von Jahren hat man uns gelehrt, dass wir grundsätzlich Sünder sind, ein grundsätzlich schlechtes Wesen haben. Und wie bereitwillig haben wir doch leider diesen Erwartungen entsprochen! Aber ist das wirklich alles was wir wissen müssen über uns selbst?
Tatsache ist, dass nur wenig unternommen wurde, uns auch auf unsere positiven Seiten aufmerksam zu machen, wie beispielsweise unsere grossartige Fähigkeit, das Negative umzuwandeln durch die bemerkenswerteste aller unserer Kompetenzen, die der Liebe und des Mitgefühls.
Gewiss, das ist jetzt alles ein bisschen überraschend und neu für uns und vielleicht müssen wir uns auch erst ein bisschen vertrauter machen mit dieser „andere Seite“ von uns, bevor wir wirklich davon profitieren können. Denke wir doch, wie wir unsere Kinder anfeuern und motivieren, indem wir sagen; "Du schaffst es wenn Du willst, das kannst Du sicher!" Ich frage mich ob sie jemals etwas lernen würden, wenn wir ihnen sagen würden; "Du willst das wirklich machen? Das wirst du aber sicher nicht schaffen, es ist sinnlos!"
…Und was ist die Rolle der Musik in diesem Prozess?
Musik kann sehr hilfreich sein im Finden dieser „anderen Seite“ unseres Potentials und bei dessen Herausbringen an die Oberfläche. Dieser Weg verlangt einen guten und gesunden Dialog zu unserem seelischen Bereich. Und was anderes ist die Musik, wenn nicht die Stimme der Seele? Und ich bin mir sehr sicher, dass dies auch der Grund war, weshalb wir Menschen die Musik für uns entdeckt haben.
15. Erzählen Sie uns noch von der neuen DVD! Fast vier Stunden AVAF aus 25 Jahren!
Oh, was für ein Projekt! In unseren Archiven zu graben war wirklich eine sehr intensive Erfahrung. Die 25 Jahre sind wie im Fluge vorbei gegangen und es schien, als ob wir schon viele der kostbaren Momente und aufregenden Abenteuer vergessen hätten. Dieses ganze Material zu sichten war in gewisser Weise fast schon wie ein Psychoanalyse. Was mich am Meisten erstaunt hat, war die enorme Leichtigkeit von uns allen; alles war möglich! Zeit und Raum war unwichtig, eine Qualität, die für mich im kreativen Prozess noch immer sehr wichtig ist.
Kernstück der DVD ist ein einstündiges Portrait der 25 Jahre unseres Projektes, mit vielen Momenten, die noch nie öffentlich gezeigt wurden. Die anderen Elemente sind seltene Konzerte, Dokumentarfilme und Musik-Videos. Ich bin sehr zufrieden mit dem Resultat und ich freue mich, die „Magical Journeys“ unseren Hörern vorzustellen.
16. Und nun noch ganz am Schluss die obligate Frage; was sind Ihre Pläne?
Natürlich werden die Veröffentlichungen viel Zeit in Anspruch nehmen und ich freue mich auch sehr darauf. Dann natürlich sind wir seit ein paar Jahren daran, wieder mehr Konzerte zu geben und so werden wir in den nächsten zwölf Monaten sicher immer wieder unterwegs sein mit unserer Band. Die Konzerte und der direkte Kontakt zu unseren Hörern sind für uns alle eine grosse Quelle der Motivation.
17. Und nun noch ganz am Schluss die obligate Frage; was sind Ihre Pläne?
Natürlich werden die Veröffentlichungen viel Zeit in Anspruch nehmen und ich freue mich auch sehr darauf. Dann natürlich sind wir seit ein paar Jahren daran, wieder mehr Konzerte zu geben und so werden wir in den nächsten zwölf Monaten sicher immer wieder unterwegs sein mit unserer Band. Die Konzerte und der direkte Kontakt zu unseren Hörern sind für uns alle eine grosse Quelle der Motivation.